Praxistipp: Wale beobachten & fotografieren

 

Teil III:   Sich auf Situationen einlassen

   
 

Teil I:       Fotoausrüstung und Einstellung

Teil II:      Suchen und rücksichtsvoll annähern

Teil III:     Sich auf Situationen einlassen

Teil IV:     Sozialverhalten dokumentieren

 

 
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
 
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
 
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
 
 

Diese fantastische Situation hatte sich ereignet, nachdem wir die Sichtung bereits beendet und

uns Richtung Hafen begeben hatten. Plötzlich wurden unsere beiden Walbeobachtungsboote bei einer Geschwindigkeit von  6 Knoten von einer "Jugendgang" atlantischer Fleckendelfine eingeholt und ein Stück weit begleitet. Die Delfine ritten auf der Bugwelle und wurden immer ausgelassener. Schließlich sprang einer zweimal in Folge meterhoch durch die Luft. Den zweiten Sprung habe ich mit vier Serienbildern aufnehmen können und es existieren sogar fast identische Fotos von Bruno Dittrich, der neben mir im Boot stand.

 
 
 
 
Das A und O der Tierfotografie ist die genaue Kenntnis der Gewohnheiten und des Verhaltens der jeweiligen Art. Das heißt, Sie müssen sich zuallererst auf die Tiere einlassen, die Ihnen den Kurs bestimmen. Wenn Sie bisher noch keine Erfahrung mit Meeressäugern haben, lassen Sie es in Ruhe angehen!  Verwenden Sie zunächst lieber Ihre Zeit, den Augenblick zu genießen und die Tiere zu beobachten.
Situationsgerecht fotografieren:
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
 
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
 
Indischer Grindwal, Pilotwal (Globicephala macrorhynchus)

Bilder oben: Atlantische Fleckendelfine (bzw.

Zügeldelfine, Stenella frontalis) beim Bugwellenreiten.  

Unten: Indischer Grindwal (bzw. Pilotwal, Globicephala macrorhynchus)

a)  Delfine in der Bugwelle

Der häufigste Fall beim Whale watching vor La Gomera ist die Begegnung mit atlantischen Fleckendelfinen, die oft für eine gewisse Zeit in der Bugwelle des Bootes reiten. Die Delfine sind die meiste Zeit unter Wasser, tauchen aber in regelmäßigen kurzen Abständen auf, um Luft zu holen. Da Sie die untergetauchten Tiere ohne weiteres durch das klare Wasser erkennen, können Sie mit etwas Übung ziemlich genau abschätzen, welcher Delfin als nächstes die Oberfläche durchstößt. Dies ist genau der richtige Moment, um den Kameraauslöser durchzudrücken! Ihr Betrachtungsstandpunkt sollte dabei seitlich oder schräg vor dem Tier liegen, möglichst nicht im Gegenlicht. Achten Sie also auf Delfine, die entweder seitlich neben dem Walbeobachtungsboot schwimmen oder die Bugwelle kurzfristig verlassen, um sich abermals von hinten anzunähern.

 

   Natürlich haben Sie vor dem Auslösemoment rechtzeitig vorfokussiert.

Für Benutzer von digitalen Kompaktkameras: Fokussieren Sie auf kontrastreiche Wellenspitzen in der Umgebung des noch untergetauchten Tieres und halten Sie den Auslöser halb durchgedrückt, bis der richtige Zeitpunkt da ist.

 

    Bei kristallklarem Wasser und spiegelglatter Oberfläche lohnen sich zudem Aufnahmen von untergetauchten Tieren. Oder sie halten per Weitwinkelobjektiv die Interaktion zwischen Mensch und Tier in einem Bild fest.

b)  Kindergärten:

 

Befinden sind Kälber innerhalb einer Schule, hat der Skipper besondere Vorsicht walten zu lassen. Die willkürliche Annäherung an Mütter mit Kälbern ist laut Vorschrift untersagt und auf keinen Fall dürfen diese durch ein Walbeobachtungsboot voneinander getrennt werden.  Bei indischen Grindwalen werden Jungtiere gegenüber Beobachtungsbooten häufig noch von Leittieren abgeschirmt. Um Kälber zu beobachten und zu fotografieren, benötigt man also das Glück, dass diese von sich aus an das Boot heranschwimmen.

 

    Das Kalb schwimmt fast immer unmittelbar neben seiner Mutter. Es taucht jedoch seltener auf und wenn ja, dann fast immer zeitversetzt. In der Regel kurz nachdem der Kopf der Mutter wieder untergetaucht ist. Dies ist  also der richtige Zeitpunkt für den Kameraauslöser. Kälber wuchten ihren Kopf zum Atmen vollständig aus dem Wasser, sind dann aber nur sehr kurze Zeit sichtbar.

 

Grosser Tümmler  (Tursiops truncatus) Bryde-Wal  (Balaenoptera edeni / Balaenoptera brydei)

Großer Tümmler (Tursiops truncatus): 

Hier tauchen Mutter und Kalb ausnahmsweise fast zeitgleich aus dem Wasser.

Brydewal (Balaenoptera edeni / brydei): 

Mutter und Jungtier sind alleine auf der Durchreise vor La Gomera.

 
 
c)  Großwale:

 

Vor La Gomera können alle Arten der Furchenwale, sowie Nordkaper und Pottwale vorkommen. Sichtungen sind jedoch nicht allzu häufig und wenn ja, handelt es sich meist um den Bryde-Wal, der sich rund ums Jahr in tropischen bis subtropischen Gewässern aufhält. Häufig gelingt es jedoch nicht, den Wal aus unmittelbarer Nähe zu beobachten und zu fotografieren, da er selten aus Neugier zu einem Whale watching-Boot hin schwimmt.

 

   Der Bryde-Wal ist die meiste Zeit unter Wasser und taucht nur alle paar Minuten auf, um kurz an der Oberfläche zu atmen. Der Blas folgt unmittelbar auf das Erscheinen des Kopfes. Nach längeren Tauchgängen bläst er mindestens noch ein zweites Mal, taucht dann wieder mit einer rollenden Bewegung ab. Manchmal hat er eine bestimmte Zugrichtung, die er über längere Zeit mit konstanter Geschwindigkeit einhält, sodass man Ort und Zeitpunkt seines nächsten Auftauchens recht genau abschätzen kann. Befindet er sich aber auf der Jagd nach Fischschwärmen, verfolgt er einen unvorhersehbaren Zickzack-Kurs und es ist erforderlich, in jede Richtung Ausschau zu halten. Wenn er dicht unter der Oberfläche jagt, wird seine Position eventuell von darüber kreisenden Gelbschnabel-Sturmtauchern angezeigt.

 

 

 
Brydewal  (Balaenoptera edeni / Balaenoptera brydei)
 

Vor La Gomera taucht eine zweite Insel auf:

Der Bryde-Wal!

 

d)  Sprünge:

 

Aus unserer Sicht gehören Sprünge sicher zu den eindrucksvollsten Verhaltenskomponenten der Meeressäuger. Obwohl praktisch jeder noch so große Wal dazu in der Lage ist, erwarten Sie bitte nicht, dass die Tiere unseretwegen einen Zirkus veranstalten. Das kommt ganz auf die jeweilige Situation an. Bei den echten Meeresdelfinen wie dem großen Tümmler, den Fleckendelfinen oder Rauzahndelfinen sind Sprünge recht häufig zu beobachten. Oft genug allerdings fahren wir mit unserer Whale watching-Exkursion eine "Nullrunde" - die Tiere lassen sich nicht einmal blicken.

 

 

Grosser Tümmler  (Tursiops truncatus) Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis) Streifendelfin, Blauweißer Delfin  (Stenella coeruleoalba) Rauzahn-Delfin  (Steno bredanensis)
       
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)

Bilder oben v. links: Männlicher Großtümmler auf Jagd; Partnersprung Mutter und Kalb (Atl. Fleckendelfine); breaching und Tänzeln auf der Fluke beim Streifendelfin (Stenella coeruleoalba) und beim Rauzahndelfin  (Steno bredanensis). 

Bild unten: Schneller Sprint der Atlantischen Fleckendelfine (bzw. Zügeldelfine Stenella frontalis) bei der Jagd

 
 

Es gibt verschiedene Formen von Sprüngen, grob unterteilt:

  • Der klassische Luftsprung: Kann mehrere Meter hoch und akrobatisch ausgeführt sein (z. B. als Vorwärts- oder Rückwärts-Salto, Drehung um die Längsachse usw.)

  • Partner- oder gruppenweise, teils mit beachtlicher Synchronität

  • Der halbe Sprung (breaching): Einzelne Tiere wuchten sich nur bis zur Schwanzwurzel schräg aus dem Wasser und lassen sich geräuschvoll zurückfallen.

  • Schneller Sprint: Eine ganze Schule flitzt mit flachen Luftsprüngen über das Wasser.

Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)
Atlantischer Fleckendelfin, Zügeldelfin  (Stenella frontalis)

Dieser junge Fleckendelfin versucht,

sich von Entenmuscheln frei zu zappeln.

 
 
  Was die Tiere zu einem Sprung veranlasst, kann sehr verschiedene Ursachen haben:
  im sozialen Kontext, etwa um Aufmerksamkeit zu erregen. Besonders häufig bei Rauzahndelfinen. Oft wird dann nur der halbe Sprung (breach) ausgeführt, und zwar von einem einzelnen Tier oft in kurzer Abfolge mehrmals hintereinander.
  um sich von Parasiten zu befreien (z. B. Entenmuscheln). Häufig bei Fleckendelfinen.  Auch in diesem Falle wird in schneller Abfolge mehrmals hintereinander gesprungen (bis zu 20 Mal!), wobei das Tier in der Luft zappelt.
  aus Ausgelassenheit. Kommt gelegentlich beim Bugwellenreiten oder beim Surfen vor. Von unterschiedlichen Tieren, oft in unregelmäßiger Abfolge mehrfach hintereinander. Bei großen Schulen der Fleckendelfine manchmal auch unvermittelt und nur für einige Sekunden der schnelle Sprint.
 

auf der Jagd, um Fischschwärme zusammenzutreiben. Vor allem bei männlichen Schulen der Großtümmler erfolgen mehrere Meter hohe Luftsprünge von unterschiedlichen Gruppenmitgliedern. Für den Beobachters kaum vorhersehbar. Manchmal erfolgt auf den Sprung eines Tiere unmittelbar der Sprung eines anderen. Atlantische Fleckendelfine hingegen setzten bei ihrer Jagd manchmal zum schnellen Sprint an.

 

 

 

 

    Bei mehrfachen Sprüngen von einzelnen Tieren haben Sie sehr gute Chancen auf mindestens eine gelungene Aufnahme. Um hingegen fantastische meterhohe Synchronsprünge, beispielsweise von großen Tümmlern festzuhalten, benötigen Sie ein sehr gutes Gespür, wann eine Situation ihren Höhepunkt erreicht. Und selbstverständlich eine gehörige Portion Glück.
 
Grosser Tümmler  (Tursiops truncatus)

Unter dem Eindruck, die

Großtümmler durch unsere Anwesenheit zu stören, hatte ich bereits den Gang eingelegt, um unser Walbeobachtungsboot vorsichtig von der Schule zu entfernen. Im selben Moment näherten sich zwei erwachsene Tiere von hinten, holten uns ein und sprangen unmittelbar vor den staunenden Gästen beide gleichzeitig und knapp drei Meter hoch aus dem Wasser.

 

Diese Aufnahme habe ich mit einer langsamen Kompaktkamera gemacht, die ich bereits bei der Annäherung der Tiere auf die richtige Entfernung vorfokussiert hatte. In Anbetracht der spontanen Situation fotografierte ich aus der Hüfte heraus ohne auf den Monitor zu schauen. Abermals war es Bruno Dittrich, der neben mir stand und fast identische Aufnahmen machte.
 
                                            lesen Sie weiter in Teil IV ...
 

  


www.ocean-la-gomera.com- Meeresbiologische Exkursionen in Valle Gran Rey, La Gomera (Kanarische Inseln)

Sanfte Walbeobachtung (soft Whalewatching) -  Felswatt-Exkursion -  Schnorcheln -  Unterwasserfotografie

Sichtungsdaten und Verhalten der Cetaceae (Wale & Delfine), Monitoring (marine Wirbellose, Fische), Foto-Dokumentation