Übersichtsartikel:      Eutrophierung

Wer einmal von dem Aussichts- punkt La Merica auf das Tal Valle Gran Rey geschaut hat, mag beobachtet haben, wie sich bei La Playa eine "braune Wolke" mit dem Atlantik vermischt. Das Klärwerk von Valle Gran Rey wurde erst kurz nach der Jahrtausendwende in Betrieb genommen, bisher handelt es sich allerdings nur um eine Vorklärstufe. Ein wesentlicher Teil des Abwasser wird hinter der Promenade von La Playa durch ein unscheinbares Rohr knapp oberhalb der Hochwasserlinie eingeleitet.

 

 

Abwassereinleitung in La Playa

Das Foto eines Urlaubers dokumentiert den Abwassereinstrom in La Playa

Es bahnt sich seinen Weg durch das Felswatt, bevor es sich mit Meerwasser vermischt. Mit dem Kanarenstrom und dem NO-Passatwind wird die braune Brühe langsam an der Küste Valle Gran Reys vorbeigespült.

 

 

 

Abwassereinleitung in La Playa
Aufnahme hinter der Promenade, La Playa
Geringelter Seehase (Aplysia dactylomela)

Die Gezeitenfauna und -flora schwimmt im Abwas-

ser. (Hier: Geringelte Seehasen Aplysia dactylomela)

Welche Auswirkungen die Einleitung von Fäkalien, Waschmittel-Detergenzien und anderen organischen Abfallstoffen auf marine Ökosysteme haben, wurde sowohl im Mittelmeer, als auch in der Nord- und Ostsee in Feldstudien untersucht: Die gelösten Stoffe absorbieren Sonnenlicht, sodass Algenwachstum auf die oberen Meter Wassertiefe begrenzt wird. Dort allerdings führt die Zufuhr von Nitrat, Phosphat u. ä. Nährstoffen zu einer stark erhöhten Primärproduktion.

 Schnellwachsende Algenarten setzen sich auf Kosten langsam wachsender, mehrjähriger Pflanzen durch. Die aus Ägypten eingeführte Schlauchalge Caulerpa racemosa bespielsweise überwuchert die einheimische Fauna und setzt natürliche Antibiotika um den Konkurrenzkampf um Licht und Besiedlungsfläche zu gewinnen. Den Kürzeren ziehen vor allem ökologisch wichtige Braunalgen wie die Meerheide Cystoseira abies marina. Mit ihr verschwindet ein wahrer Mikrokosmos an Epibionten (Aufsitzer-Algen und -Tiere), sowie wichtige Nahrungs- und Versteckmöglichkeiten für Fischlarven und andere Nachwuchsformen.

 

 
 

Mit der erhöhten Primärproduktion nimmt zugleich die Zahl abfallfressender (detritivorer) Arten erheblich zu. Im Charco del Conde beispielsweise schwimmen Unmengen an Kastenmaul-Meeräschen (Liza aurata), die sich u. a. von pflanzlichen und tierischen Zersetzungsprodukten ernähren. An Suspensionsfressern trifft man v.a. auf Schlangensterne (Ophioderma longicaudum) und verschiedene Arten von Seegurken (z. B. Holothuria sanctori).

 

Die Avifauna wird an der Küste von Weißkopf-Möwen (Larus cachinnans) dominiert, deren Bestände auf den Kanaren Jahr für Jahr zunehmen. Für andere Vogelarten sind die Möwen eine zunehmende Bedrohung, da sie ihnen Brutplätze und Nahrung streitig machen. Zu nennen sind v. a.: Gelbschnabel-Sturmtaucher (Calonectris diomedea), der Regenbrachvogel (Numenius phaeopus), der Seidenreiher (Egretta garzetta) und der vom Aussterben bedrohte Fischadler (Pandion haliaetus).

 

Im Phytoplankton kann sich das Gleichgewicht durch massive Einleitung von Wachstumsstoffen soweit verschieben, dass Kalkalgen (Dinoflagellaten) auf Kosten der Kieselalgen (Diatomeen) dominieren. Damit geht nicht nur eine drastische Änderung in der marinen Nahrungskette einher: Dinoflagellaten sind hauptverantwortlich für sogenannte rote Fluten, die sowohl in der Nordsee als auch im Mittelmeer bereits zu verheerenden Bestandsschäden geführt haben.

 

Eutrophierung bedeutet aus dem grieschichen übersetzt soviel wie "Wohlernährung". Dennoch - die gesamte biologische Gemeinschaft wird trotz Nahrungsreichtum ärmer - vor allem an Stabilität und Artenvielfalt (Biodiversität).

 

 

Die Situation auf in kanarischen Gewässern (und in Valle Gran Rey) ist vergleichsweise günstig, da die Inseln Inseln von frischem ozeanischem Wasser umspült werden.

 

 
Enteromorpha compressa (Darmtang)
Grünalgen der Gattung Enteromorpha (Darmtang) gelten als Bioindikatoren für eine Antropogenisierung. Sie tolerieren auch die Einleitung von Süßwasser.
Variable Seegurke (Holothuria sanctori)
Seegurken ernähren sich von organischen Abfallstoffen im Sediment (hier: Holothuria sanctori)
Kastenmaul-Meeräsche, Goldmeeräsche (Liza aurata)
Kastenmaul-Meeräschen (Liza aurata) sieben organische Partikel von der Wasseroberfläche ab
Weißkopfmöwen (Larus cachinnans), Gelbschnabel-Sturmtaucher (Calonectris diomedea)
Von der insgesamt höheren Bio- und Abfallproduktion profitieren Seemöwen (Larus cachinnans) und bedrohen mit wachsenden Beständen andere Vogelarten (hier mit Gelbschnabel-Sturmtaucher Calonectris diomedea)
 

  


www.ocean-la-gomera.com- Meeresbiologische Exkursionen in Valle Gran Rey, La Gomera (Kanarische Inseln)

Sanfte Walbeobachtung (soft Whalewatching) -  Felswatt-Exkursion -  Schnorcheln -  Unterwasserfotografie

Sichtungsdaten und Verhalten der Cetaceae (Wale & Delfine), Monitoring (marine Wirbellose, Fische), Foto-Dokumentation